ARBOFUX - Diagnosedatenbank für Gehölze

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Nutria

Fraßschäden an Haselnuss Abb.: Fraßschäden an Haselnuss
Symptomatik und Biologie:
Die Nutria (Myocastor coypus) stammen ursprünglich aus dem südlichen Südamerika, wurden jedoch zum Zweck der Pelzgewinnung in andere Kontinente, auch nach Europa, eingeführt. Erste Zuchtanlagen in Deutschland wurden Ende der 1920er Jahre aufgebaut. Neben der Pelzgewinnung wurde Nutriafleisch auch für den Verzehr angeboten, da es schmackhaft und cholesterinarm ist. Freilebende Nutria-Populationen stammen aus entflohenen oder auch gezielt ausgesetzten Exemplaren (für eine Bejagung) sowie den nach dem Niedergang der Pelzzucht Anfang der 1990er Jahre freigelassenen Tiere. Die Nutria gehören zu den semiaquatisch lebenden Nagetieren (Rodentia), sind etwa katzengroß (Rumpflänge: 40-60 cm, Schwanzlänge 30-45 cm) und erreichen meist ein Gewicht von 2-4 kg (bis zu 8 kg). Das Fell ist hellbraun bis dunkelbraun, sie besitzen kleine Ohren und tragen lange, weiß-graue Schnurrhaare an der Schnauze. Ihr Schwanz ist unbehaart und drehrund. Auffällig sind die beim erwachsenen Tier deutlich orange (bei Jungtieren sonst gelblich) gefärbten und scharfen Nagezähne (zwei Paar). Zwischen den inneren vier Zehen der Hinterfüße befinden sich drei Schwimmhäute, wobei die äußere Zehe frei bleibt was in der Summe auch am Trittsiegel erkennbar ist (verbunden mit der Schleifspur vom Schwanz). Der Geruch- und Gehörsinn ist gut ausgebildet, das Sehvermögen der Tiere ist auf kurze Entfernungen jedoch sehr schlecht.
Obgleich es deutliche Unterschiede bei den körperlichen Merkmalen gibt kommt es häufig zu Verwechslungen zwischen Nutria, Bisam und Biber. Ein Biber ist deutlich größer als die Nutria und dieser ist größer als ein Bisam. Während der Biber eine flache "Kelle" besitzt ist der Schwanz vom Bisam seitlich zusammengedrückt, während dieser beim Nutria drehrund ist. Neben der Bezeichnung "Nutria", die namentlich argentinischer Abstammung ist, haben sich im deutschen Sprachgebrauch auch die Begriffe "Sumpfbiber", "Biberratte" oder auch "Schweifbiber" eingebürgert, die jedoch zoologisch eher zur Verwirrung beitragen, da es sich weder um einen Biber noch um eine Ratte handelt.
Bezüglich ihrer ökologischen Ansprüche besiedeln Nutria bevorzugt kleine bis mittlere Seen, Gewässer (Süßwasser oder Salzwasser) oder Altarme, die eine geringe Fließgeschwindigkeit besitzen. Die vom Nutria angelegten, meist nicht oder nur kaum verzweigten Gänge befinden sich in Uferrändern bei einem über der Wasseroberfläche gelegenen Eingang. Sie erreichen meist nur eine Länge von einem bis drei Meter bei einem Durchmesser von ca. 40-60 cm. Neben den Bauen legen Nutrias haufenartige, bis 4 m² große Schilfnester an, die den Tieren als Lager, Ansitzstelle und teils auch als Schlafplatz dienen. Nutrias können ganzjährig Junge bekommen wobei meist zwei Würfe im Jahr, mit jeweils bis 7 Jungtieren (5-13), auftreten. Mit etwa vier Monaten sind die Tiere wieder geschlechtsreif. Die Zitzen der Mutter liegen an den Körperseiten weit nach oben verlagert, sodass die Jungtiere auch im Wasser schwimmend hier saugen können. Die natürliche Lebenserwartung der Nutria liegt bei etwa drei Jahren (Begrenzungsfaktoren in Europa: Erfrierungen, Bejagung, Verkehrsunfälle, Verhungern), wichtige natürliche Gegenspieler gibt es bei uns kaum. Die Tiere sind im natürlichen Lebensraum dämmerungs- und nachtaktiv, jedoch im urbanen Umfeld auch häufig tagaktiv. Da kalte Winter bedingt durch den Klimawandel als wichtigstes natürliches Regulativ eher von abnehmender Häufigkeit ist fördert dies zugleich langfristig das Auftreten der Nutria in Deutschland.
Die Nutria ist ein Pflanzenfresser, die sich bevorzugt von Wasserpflanzen, Süßgräsern (Simse, Rohrkolben) und Kräutern ernährt sowie bei Verfügbarkeit auch von landwirtschaftlichen Kulturen wie Getreide, Gemüse oder Rüben. Gehölze wie Erle, Weide oder Haselnuss können durch ein meist einseitiges Schälen der Rinde bis zu einer Höhe von 50 cm geschädigt werden (ein Fällen von Bäumen mit dem bekannten sanduhrartigen Fraß wie beim Biber erfolgt nicht). Die Nahrungssuche beschränkt sich meist nur auf wenige Meter vom Ufer, die Tiere entfernen sich jedoch bei einem schlechten Futterangebot auch bis zu 100 Meter weit. Der Tagesbedarf an Nahrung beträgt etwa 25% vom Körpergewicht. Nutrias können dabei auch gefrorene Nahrung fressen. Futterreserven werden von den Tieren nicht angelegt. Der Fraßvorgang selbst kann durch eine räumliche Trennung der eigentlichen Mundhöhle vom vorderen Nageraum (Diastema) auch unter Wasser erfolgen. Die Nahrungsaufnahme wird dadurch erleichtert, dass Nutrias bis zu fünf Minuten unter Wasser tauchen können (dabei kann die Herzfrequenz von rund 200 auf nur 4 Schläge pro Minute reduziert werden). Die Losung der Nutria ist etwa 3-5 cm lang und von zylindrischer Form mit länglichen Rillen und schwimmt im Wasser oder liegt an den Fraßstellen herum. Nutria sind koprophag, nehmen somit ausgeschiedenen Kot (bevorzugt nachts) wieder auf, um die hier nach der eigentlichen Resorption dann erst im Blinddarm aufgeschlossenen Aminosäuren auch mit zu verwerten.
Nutria werden als invasive Neozoen eingestuft wobei sich Probleme aufgrund der direkten Schäden an Pflanzen ergeben als auch durch die Grabetätigkeiten im Uferbereich, die zu Schäden an Dämmen und Deichen (Unterspülungen, Uferabbrüche, Böschungsrutschungen) oder auch Verkehrswegen führen können.
Vorbeugung und integrierte Bekämpfungsmaßnahmen:
Bejagung der Tiere (unterliegt bundeslandabhängig meist dem Jagdrecht) oder Einsatz von Fallen (genehmigungspflichtig). Keine Zufütterung von Tieren im urbanen Umfeld (auch zum Eigenschutz, da die Nutria mehrere Krankheitserreger auf den Menschen übertragen können). Mechanische Schutzmaßnahmen (Drahtgeflechte) an den Uferböschungen.

...einsetzbare Pflanzenschutzmittel (berufliche Anwender: Gartenbau | Forst)

Wichtige Wirtspflanzen: (mit Lebensbereich nach Prof. Dr. Kiermeier; Erläuterung)
AlnusCorylusCrataegusHederaPopulusPotentillaRobiniaSalix
 
Schwimmendes Tier (großes Bild)
Schwimmendes Tier
Nutria mit zerstörtem Ufer (großes Bild)
Nutria mit zerstörtem Ufer
Mehrere Tiere am Wasser (großes Bild)
Mehrere Tiere am Wasser
Einzelnes Tier (großes Bild)
Einzelnes Tier

Text: Thomas Lohrer/HSWT, Stand: April 2013

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